Lampertheim
Dem Stuttgarter Fotografen Przemek Zajfert schwirren viele außergewöhnliche Ideen im Kopf herum. Und die verwirklicht er auch in ansehnlichen Kunstprojekten. Etwa im aktuellen - mit dem Titel "der 7. Tag". Im Mittelpunkt steht die Camera obscura.
Begehbare Kamera
Das Grundprinzip: Jedes Objekt, das leuchtet - die Sonne oder eine Lampe -, schickt in alle Richtungen Lichtstrahlen aus, die sich dann geradlinig ausbreiten. Fällt nun durch ein kleines Loch in einen finsteren Raum Licht, müssen sich die Lichtstrahlen in dieser Öffnung kreuzen. Dann verstreuen sich die Strahlen wieder und projizieren auf die gegenüberliegende Wand ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Bild der Umgebung.
Einige auf diese Art entstandene Bilder hat Przemek Zajfert ausgedruckt und mit in den London Pub gebracht. Wirt Friedrich Hackstein hat den Fotografen mit seiner zusammenklappbaren Bude - einer begehbaren Camera obscura - auf der Bensheimer Kunstmeile stehen sehen. Er war von der einfachen Technik der Lochkamera fasziniert und lud den Künstler zu sich ein. Denn Hackstein wollte diese Technik für Lampertheim als Kunstprojekt "10 Tage in/aus Lampertheim" umsetzen. Das bedeutet, der "Fotograf" solle eine Belichtungszeit von zehn Tagen anwenden.
Jetzt präsentierte Przemek Zajfert die Camera und ihre Ergebnisse im Biergarten des London Pubs. Auch sein Sohn Tomas kam mit nach Lampertheim. Er hilft seinem Vater bei der umfangreichen Projektarbeit, etwa mit der Betreuung des Internetauftritts und des Facebook-Profils. Der 18-Jährige hat gerade Abitur gemacht.
Lange Belichtungszeit
"Der Titel ,der 7. Tag' wurde deshalb gewählt, weil die Belichtungszeit mindestens so lange dauert", erklärte Przemek Zajfert. Seine Kunst ist als Internetprojekt ausgelegt. Daran beteilig en sich derzeit rund 2000 Menschen weltweit. "Von Tokio bis Los Angeles", so Zajfert. Und das bringe einiges an Arbeit mit sich. So hat er beispielsweise die Gebrauchsanweisung von einem japanischen Professor auch in dessen Sprache übersetzen lassen.
Jetzt hielt der Künstler die Sets mit der Lochbildkamera und Zubehör im Biergarten bereit und erklärte die Vorgehensweise: Nutzer müssen die Dose an einem geeigneten Ort anbringen und im Sommer sieben Tage und im Winter 14 Tage belichten lassen. Danach nehmen sie das fertige Negativ bei gedämpftem Licht aus der Dose, packen es in den beigelegten Umschlag und schicken es zum Atelier Zajfert.
Przemek Zajfert scannt dann die Negative ein und die Bilder können im Internet angeschaut und heruntergeladen werden. Durch die Teilnahme habe man Zugang zum Internetarchiv, das mit einem Passwort geschützt ist. "Die Nutzungsrechte teilen sich die Teilnehmer untereinander. Jeder kann seine Bilder speichern und ausdrucken", so Zajfert. Einige dort machten sich nun Gedanken, wo in Lampertheim sie ihre Lochkamera aufhängen könnten.
© Südhessen Morgen, Dienstag, 03.07.2012
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Außergewöhnliche Lichtfänger
Verblüffende Bilder nach zehn Tagen Belichtung.
Lampertheim aus einer anderen Sicht